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Die Jungfernbuche

Zwischen Lahr und Ellar ist eine Waldstelle, die nennt man "Im Honig". Hier stand ehedem eine Buche, die wurde die Jungfernbuche genannt, denn man sah dort zu gewissen Zeiten eine weiße Jungfrau sitzen. Als später die Buche gefällt wurde, hörte man die Jungfrau an diesem Orte noch eine Zeitlang wehklagen.

Ein Mann ging einst an der Jungfernbuche vorbei und fand unter dem Baum ein Körbchen mit Radnägeln. Weil er noch auf den Markt gehen wollte und das Körbchen nicht gut mitnehmen konnte, so versteckte er es in einem Busch, nahm sich aber ein paar Nägel mit. Als er auf den Markt kam und in die Tasche griff, hatte er statt der Nägel lauter Goldstücke. Er eilte schnell zurück, aber das Körbchen mit den Nägeln war verschwunden.

Ein andermal gingen einige Kinder im Frühjahr in den Wald, um Holz zu suchen. In der Nähe der Jungfernbuche kam ihnen ein Hündchen entgegen, das einen Bund Schlüssel im Maule trug. Es ging schmeichelnd um die Knaben herum, als wolle es ihnen sagen, sie sollten ihm die Schlüssel abnehmen. Die Kinder aber verstanden das Hündchen nicht. - Da kam aus der Buche eine weiße Jungfrau mit einem Körbchen und hielt es den Kindern hin. Aber die Kinder nahmen das Körbchen nicht, sondern liefen eilends davon.

[Aus: Rudolf Nies, "Nassauische Sagen - Für die Jugend erzählt", Verlag von Hegel & Schade, Leipzig, 1927.]

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